Eklampsie/Sepsis/Pyometra/Mastitis/

Die Hündin



Eklampsie / Mastitis / Sepsis / Pyometra


(Autor Dr. Max Diekstall)


Eklampsie


Milch ist die erste Nahrungsstufe aller Säugetiere. Eben dies gilt auch für unsere Hundewelpen.

Neben Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten, Vitaminen, Spurenelementen und Elektrolyten wie Natrium und Chlorid ist Milch ein Calciumhaltiges Nahrungsmittel für den jungen Hund. Calcium ist u.a. für den Knochenaufbau der Welpen besonders wichtig. Zwei bis drei Wochen nach der Geburt- das entspricht dem Zeitpunkt der Hochlaktation- kann es für die Mutterhündin zu einem Missverhältnis von Calcium- Aufnahme und Calcium- Verlust über die Muttermilch kommen.

Besonders kleine Hunderassen sind von diesem Phänomen betroffen. Da Calcium eine entscheidende Rolle bei der Kontraktion der Muskelzellen spielt und auch die Übertragung von Nervensignalen ermöglicht, fallen bei betroffenen Mutter- Hündinnen die Symptome Muskelzittern, beschleunigte Atmung und Nervosität auf.


Später folgen Krämpfe und eine erhöhte Körpertemperatur. Da auch die Kaumuskulatur in ihrer Funktion durch die Krampfneigung behindert wird, speicheln viele der betroffenen Hündinnen. Bestätigt die Tierärztin/der Tierarzt durch Messung der Calciumkonzentration im Blut die Diagnose Eklampsie = Hypocalciämie, so wird die Hündin notfallmedizinisch zunächst durch eine entsprechende Infusionstherapie, in der Folge durch effektives Zufüttern von Calcium stabilisiert.

Die Welpen werden bei bestätigter Eklampsie der Mutter für mindestens 24 Std abgesetzt und ebenso zugefüttert. 

Das Absetzen der Welpen kann für die Mutterhündin und auch für die Welpen selbst in einigen Fällen leider weitreichende Folgen haben: Man denke an Energieunterversorgung (s. Kapitel Hypoglykämie) oder Milchstau.

Aus diesen genannten Gründen sollten sowohl die Diagnose als auch in der Folge die empfindliche Therapie tierärztlich bestätigt und begleitet werden.

Mastitis und Milchstau


Als Mastitis wird in der Medizin eine Entzündung des Milchdrüsengewebes bezeichnet. Bei der Hündin handelt es sich im Gegensatz zu uns Menschen nicht um eine Brustanlage, sondern um die sogenannte Gesäugeleiste.


In der Medizin wird für dieses Gewebe der Fachbegriff Mamma verwendet. Die Mastitis kommt v.a. bei laktierenden Hündinnen vor, in seltenen Fällen tritt sie auch in Zusammenhang einer Scheinträchtigkeit auf.


Über kleinste Verletzungen der Zitzenkanäle dringen hauteigene Bakterien (überwiegend Staphylokokken und Streptokokken) in das Gewebe ein und breiten sich daraufhin in der Gesäugeleiste aus. Im Gewebe vermehren sie sich und führen so zu einer Infektion.

Eine alternative Möglichkeit der Entstehung der Mastitis der Hündin ist der sog. Milchstau: Die ungehindert abfließende Muttermilch hat gewissermaßen einen spülenden, ja sogar reinigenden Effekt und transportiert so Bakterien aus den Milchkanälen. Fehlt dieser Spüleffekt, so können sich die in der Milch vorkommenden Keime im Gewebe stark vermehren. Die Zuchthündin fällt mit einem oder mehreren vergrößerten Mammarkomplexen auf.

Die klinische Symptomatik spricht dann die Sprache einer Entzündung. Die Hündin hat mit Schwellungen, Wärme, Rötung und Schmerz zu kämpfen. Die auftretenen Schmerzen veranlassen die Mutterhündin den eigenen Welpen Trinkversuche zu verwehren- sie versucht sogar sich durch das Aufsuchen von kühlen Böden Linderung zu verschaffen. In einem solchen Falle zeigt auch die Milch selbst makroskopische Veränderungen im Sinne einer unüblichen Konsistenz.  

Nachdem die Keime tierärztlich durch eine bakteriologische Untersuchung in der Milch identifiziert wurden, kann mit sensibler Antibiose gearbeitet werden. In der akuten Phase können Schmerzmittel Linderung verschaffen, bereits bestehende verkapselte Vereiterungen – wir sprechen in der Medizin dann von Abszessen - müssen allerdings chirurgisch eröffnet werden, um Abfluss zu schaffen.

In solchen Fällen müssen die Welpen konsequent abgesetzt werden.

Bilder: Mastitis

Sepsis


Sepsis wird in der Umgangssprache als Blutvergiftung bezeichnet. In der Medizin reden wir eigentlich von der Septikämie: „Etwas Fremdes ist im Blut“. Als fremder Inhalt im Blut kommen Verschiedene in Betracht: Bei bakteriell bedingten Septikämien sprechen wir von Bakteriämien, bei viralen Prozessen von Virämien, betritt ein Parasit das Blut des Hundes sprechen wir in der Medizin von einer Parasitämie. So fasst der Begriff Sepsis gelungen viele verschiedene, z.T. lebensbedrohliche Krankheitsprozesse zusammen. In allen Fällen ist das Immunsystem des betroffenen Hundepatienten aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage den entsprechenden infektiösen Erreger zu besiegen. An irgendeiner Stelle im Körper findet also eine Infektion mit Bakterien statt. Ist das Immunsystem aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage, die Infektion zu besiegen – bei entweder zu großer Bakterienlast oder der Infektion besonders aggressiver Bakterienspezies - können die Bakterien von dem Ort der Infektion in die Blutbahn gelangen und sich so im Körper verteilen. Das ist der Moment, in dem wir in der Medizin von einer Blutvergiftung, also Sepsis sprechen. Im Zusammenhang mit der Geburt könnten eine verschleppte Geburt mit zersetzen Früchten, nicht vollständig abgegangener Plazenta oder infektiös bedingte Aborte die Quelle solcher Infektionen sein.

Die betroffenen Hündinnen zeigen einen gelbgrünen bis braunen, übelriechenden Vaginalausfluss. Es können in einigen Fällen Blutgerinnsel oder Teile der Plazenta beigemischt sein. Die Hündin leidet aufgrund der Infektion unter Fieber, und die lebenden Welpen entwickeln sich aufgrund ungenügender Energiezufuhr unzureichend und kümmern.

Wird die Infektion in der Gebärmutter nicht ausreichend schnell besiegt, kann sogar die Todesfolge der Mutterhündin drohen. Aus eben diesem Grund ist eine veterinärmedizinische Intervention in solchen Fällen unbedingt und unmittelbar anratsam. Die Patienten werden mit einer Antibiose und energetisch versorgt. Je nach Ursache werden Uterus-kontrahierende Präparate appliziert und als ultima ratio ist sogar eine Entfernung des betroffenen Uterus notwendig. Auch hier werden die Welpen abgesetzt und müssen zugefüttert werden, um ihr Leben zu erhalten.

Sepsis im Zusammenhang mit totem Welpen intrauterin


Verbleiben tote Welpen in der Mutterhündin, muss das – und das ist zugleich auch die Gefahr - anfangs nicht unbedingt auffallen, gerade, wenn vor der Geburt über Ultraschall oder Röntgen nicht die genaue Anzahl der zu erwartenden Welpen bekannt ist. Setzen jedoch die ersten Fäulnisprozesse ein, so kommt es zuerst in der Regel zu übel-riechendem Vaginalausfluss. Durch Veränderungen und schließlich Verletzungen der Scheidenschleimhaut der Mutterhündin können ab jetzt gefährliche Fäulnisprodukte und auch auslösende Erreger selbst barrierefrei in die Blut- und Lymphbahn des Muttertieres übertreten und stellen so den Beginn einer Blutvergiftung dar. 

Sepsis im Zusammenhang mit nachgeburtlicher Gebärmutterentzündung, Metritis bzw. Nachgeburtsverhalten


Die Plazenta beschreibt die Verbindung des Fetus mit der Mutterhündin. Die Mutterhündin liefert dabei mit ihrer Gebärmutter eine besonders durchsaftete Schleimhaut, welche alle zum Heranwachsen des Fetus wichtigen Stoffe an die Gefäße der Fruchthüllen des Jungtieres weitergibt und deswegen eng mit ihnen verbunden ist. Bei der Geburt kommt es dann in letzter Konsequenz zu einer Trennung dieser Mutter-Kind-Verbindung (blutige Geburt: „Deciduate Plazenta“), und die Plazenta wird als sogenannte Nachgeburt, Secundina, abgestoßen. Dieser sehr wichtige Schritt kann jedoch unvollständig ablaufen und in diesem Zusammenhang Gewebeteile zurückbleiben.

Wir sprechen in der Medizin in einem solchen Moment dann von einem Nachgeburtsverhalten, Retentio secundinarum.

Die betroffenen Hündinnen zeigen einen schwarzgrünen Ausfluss und alle Zeichen einer Infektion: gestörtes Allgemeinbefinden und Fieber. Da diese Symptome einer nicht abgeschlossenen Geburt ähneln, muss über eine tierärztliche Untersuchung, das Durchführen eines Ultraschalls und ein Röntgenbild die Diagnose genauestens gestellt werden, um die richtige Therapie einzuleiten. 

Glandulär-zystischer Hyperplasie-Pyometra-Komplex


Die glandulär-zystische Hyperplasie (GZHE) des Endometriums und die Pyometra stellen wichtige Erkrankungen der Gebärmutter der Hündin dar.


Um die Krankheiten besser zu verstehen, wollen wir uns zunächst die einzelnen Begriffe anschauen und übersetzen:


Glandula:

dieser Begriff bedeutet nichts weiter als Drüse. Das Endometrium, die äußerste Schicht der Gebärmutter, ist voll mit Drüsen welche hormongesteuert Sekrete abgeben und die wir als Hundebesitzerinnen/ Hundebesitzer außen sichtbar wahrnehmen können. 


Zyste:

flüssigkeitsgefüllte Hohlräume, in diesem Zusammenhang gehen die Zysten auf eine Erweiterung der Drüsen zurück.


Hyperplasie:

Vergrößerung eines Gewebes (in diesem Fall des Endometriums) durch eine abnorme Vermehrung von Zellen dieses Gewebes.


Fassen wir die Begriffe also zusammen, liegt bei der Glandulär-zystischen Hyperplasie ein abnorm verdicktes Endometrium mit flüssigkeitsgefüllten Strukturen vor, meistens sind ältere Hündinnen davon betroffen.


Die Ursache des GZHEs ist eine Störung des hormonellen Regulationsmechanismus des Sexualzyklus der Hündin, hier sind v.a. die Hormone Progesteron und Östrogen genannt. Das Allgemeinbefinden der betroffenen Tiere ist meistens nicht merklich gestört. Das äußere Genitale erscheint ödematisiert und die Hündinnen sind für Rüden ähnlich attraktiv wie in einer Läufigkeit. Durch die Sekretion der Drüsen ist glasklarer bis blutig-schleimiger Vaginalausfluss sichtbar. Besteht die Erkrankung länger, so können die Imbalancen im Hormonhaushalt auch zu äußerlich sichtbaren Symptomen wie Haarausfall und schuppiger Haut führen. Hat der Tierarzt über Abtasten, Ultraschall und Ausschluss der Differentialdiagnosen (physiologische Läufigkeit, offenen Pyometra) die Diagnose GZHE gestellt, wird er eine Ovariohysterektomie empfehlen eine Rückbildung der Veränderungen am Endometrium nicht zu erreichen sind.


Anders als die GZHE stellt die Pyometra eine lebensbedrohliche Komplikation des kynologischen Sexualzyklus dar. Ausgangspunkt dieser Erkrankung ist eine Infektion des Uterus während der Läufigkeit. Bakterien der normalen Keimflora der Vagina können durch den in der Läufigkeit geöffneten Muttermund aufsteigen und zu einer Eiteransammlung führen. Der Muttermund verschließt sich nach der Läufigkeit wieder und begünstigt dadurch eine Vermehrung von Bakterien und die Produktion von Eiter.

Typischerweise tritt die Pyometra dann 4 bis 8 Wochen nach der Läufigkeit klinisch in Erscheinung.


Die Entstehung einer Pyometra wird bei jüngeren und älteren Hündinnen durch unterschiedliche Faktoren begünstigt. Sind es bei jüngeren Tieren v.a. Hormonbehandlungen zur Läufigkeitsunterdrückung, so spielen bei älteren Hündinnen degenerative Veränderungen am Endometrium eine Rolle.


Die akute Phase der Entzündung der Gebärmutter („Endometritis“) unmittelbar nach der Läufigkeit ist von außen kaum zu bemerken, wir sagen in der Veterinärmedizin sie verläuft klinisch inapparent. Erst wenn die Bakterien mit ihren Giften ins Blut gelangen (Sepsis, Toxämie) treten massive Störungen des Allgemeinbefindens mit starken Fieberschüben auf.


Je nach klinischem verlauf sind 3 Formen einer Pyometra möglich:


1.     Offene Pyometra: dem Besitzer fällt eitrig-blutiger Vaginalausfluss als erstes Anzeichen auf

2.     Geschlossenen Pyometra: Da kein Abfluss des Eiters möglich ist fallen Störungen des Allgemeinbefindens als

        erstes auf (Erbrechen, Fieber, Lethargie, Inappetenz)

3.     Durchgebrochene Pyometra: spontanes Reißen des Uterus, Entleerung des Eiters in den Bauch


Sobald der geringste Verdacht einer Pyometra auftritt (Läufigkeit vor 4-8 Wochen, dann Fieber, Mattheit, etc.) sollte der Hund einer Tierärztin/einem Tierarzt vorgestellt werden. Je nach Schweregrad gibt es dann die Möglichkeit der konservativen oder chirurgischen Versorgung dieser Erkrankung. Ist die Erkrankung bereits weit vorgeschritten so stellt die minimal-invasive Entnahme des betroffenen Uterushorns (Ovariohysterektomie) die Methode der Wahl dar.

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