Infektionskrankheiten beim Hund

Infektionskrankheiten beim Hund


Verfasser Dr. med.vet. Max Diekstall

Die Infektionskrankheiten unserer Hunde spielen auch heute eine große Rolle. Dank konsequenter Impfungen konnten viele Gefahren, die durch die viralen und bakteriellen Infektionen hervorgerufen werden, eingedämmt werden. Es gibt jedoch auch im Infektionsgeschehen unserer Jagdhunde neuartige Erkrankungen, die sich immer weiterverbreiten und erhebliche gesundheitliche Bedrohungen darstellen können. Im Folgenden wollen wir uns die wichtigsten Infektionskrankheiten genauer anschauen und versuchen, sie zu verstehen.


Tollwut


Diese Infektionskrankheit, die international auch als Rabies bezeichnet wird, stellt nach Tiergesundheitsgesetz eine anzeigepflichtige Tierseuche und sogar Zoonose dar, sie kann also vom Tier auch auf den Menschen übertragen werden.

 

Der Erreger der Tollwut ist das Lyssa-Virus aus der Familie der Rhabdoviren. Hundeartige (Wölfe, Dingos, Füchse, Hunde, Schakale, Marderhunde) zeigen bezüglich dieser Erkrankung eine hohe Empfänglichkeit gegenüber dem verantwortlichen Erreger – in diesem Zusammenhang war v.a. der Fuchs für die Verbreitung in Europa hauptverantwortlich. Das Virus wird in erster Linie über den Speichel übertragen.

Ein infiziertes Tier beißt also ein anderes, und der jetzt virushaltige Speichel gelangt in die Wunde. Die Viren werden über die Blut- und Lymphbahn verteilt, wir sprechen in der Medizin also von einer hämatogenen und lymphogenen Verbreitung, während die Viruspartikel über den Weg der Muskulatur und des Nervengewebes in Richtung Rückenmark und Gehirn wandern. Diese Ausbreitung verläuft im Allgemeinen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 7 cm pro Tag. Im zentralen Nervengewebe angekommen vermehren sich die Viren und führen zu Schäden im Nervengewebe. Es erklären sich die typischen Tollwutsymptome durch Nervengewebsuntergang und damit verbundene Funktionseinschränkung des Gehirns und Rückenmarks. Die vermehrten Viren wandern dann erneut über Nerven in die Speicheldrüsen, von wo aus sie durch Bisse weitergegeben werden können.


Die Tollwut-Erkrankung verläuft typischerweise in 3 Phasen:


1.   Prodromalstadium: Symptome sind Wesensveränderung, Unruhe und Beißlust

2.   Excitationsstadium: Speicheln, hohe Aggressivität und heiseres Bellen

3.   Der Tod



Daneben gibt es die Möglichkeit des Verlaufes der Stillen Wut. Hier kommt es zu Lähmungen der Kau- und Kehlkopfmuskulatur, die Tiere sind zunächst apathisch und versterben nach einer kompletten Körperlähmung. Je nachdem, wo die Tollwut auftritt, wird zusätzlich zwischen einer urbanen Form – bei Hunden und Katzen - und einer silvatischen Form – bei Füchsen und Waschbären -unterschieden. Leider kann selbstverständlich die eine in die andere Form übergehen, wenn z.B. ein urbaner Hund von einem infizierten, silvatischen Fuchs gebissen wird. Dieses Phänomen können wir tragischerweise bei unseren Jagdhunden finden.

Im Zusammenhang mit der Anzeigepflicht der Infektionskrankheit Tollwut ist jeglicher Therapieversuch behördlich untersagt. Aus diesem Grund ist es wichtig, insbesondere unsere Jagdhunde, regelmäßig und wirksam gegen Tollwut zu impfen.


Morbus AUJESZKY



Die nach dem ungarischen Tierarzt Alagar Aujeszky benannte Infektionskrankheit wird durch ein Herpesvirus ausgelöst und ist in Deutschland eine anzeigepflichtige Tierseuche!



 Als eigentlicher Wirt dieses Virus gelten Schweine, diese beherbergen das Virus, erkranken jedoch nicht klinisch daran. Bei allen anderen Tierarten verläuft die Infektion tödlich, Menschen sind jedoch nicht empfänglich.

Schweine scheiden das Virus mit dem Speichel, der Milch oder dem Samen in die Haltungsumgebung aus.

Ob auch Harn und Kot des Schweines eine Infektiosität aufweisen, wird derzeit nur angenommen.


Wie bei allen Herpesinfektionen gibt es auch beim Schwein eine sogenannte virale Latenz, bei der sich das Virus in Nervenbahnen zurückzieht, dort Monate, sogar jahrelang gewissermaßen schlummern kann und erst im Zusammenhang mit Stress reaktiviert wird (Drückjagden!).


Infiziert sich unser Jagdhund also mit diesem Virus, so wandert dieses über die Nerven ins Gehirn und führt dort zu Entzündungen mit Untergang des Nervengewebes. Erkrankte Hunde zeigen äußerst starken Juckreiz, der bis zur Selbstverstümmelung führen kann und dieser Infektion das Synonym „Pseudowut“ eingebracht hat. Nach Ausbruch der Symptome tritt der Tod in der Regel spätestens nach 2- 3, selten erst nach 14 Tagen ein. Dabei verläuft die Krankheit klinisch sehr leidensvoll. Alle erkrankten Hunde scheiden zu keinem Zeitpunkt Viren aus, müssen sich also bei infizierten Schweinen angesteckt haben und können das Virus selbst nicht weitergeben.


Deutschland gilt seit dem Jahr 2003 als AUJESZKY- freies Land. Diese Angabe bezieht sich jedoch ausschließlich auf die haus- und landwirtschaftlichen Schweinbestände, Wildschweinbestände bleiben bei dieser Aussage unbeachtet. Mittlerweile tritt die Infektion bei Wildschweinen in vielen Bundesländern auf, die Infektionsraten schwanken dabei jedoch stark und sind nicht einheitlich erfasst. Prinzipiell kann sich also jeder Jagdhund auf der Jagd, insbesondere der Drückjagd, anstecken. Durch das urbane Auftreten der Wildschweine in zum Teil Großstadt naher Wohngebiete, erhöht sich die Infektionsgefahr durch die Kontaktmöglichkeit unserer Hunde zu Wildschweinen ein weiteres Mal. Obwohl eine effiziente Schweinejagd, gerade im Hinblick auf die anrollende Gefahr der Afrikanischen Schweinepest, ohne gute Stöberhunde nicht möglich wäre, sollten wir Jägerinnen/ Jäger unbedingt auf einige „Hygieneregeln“ im Umgang mit Jagdhund und Wildschwein achten, um unsere vierbeinigen Jagdgehilfen keiner unnötigen Gefahr auszusetzen: Kleidung, Stiefel, Jagdmesser und Wildwannen reinigen. Beim Aufbrechen sind Einmalhandschuhe zu tragen oder zumindest direkt nach dem Aufbrechen das Abliebeln der Hunde ohne gewaschene Hände vermeiden. Am Aufbruch- und Streckenplatz ist der Hund nicht an die Wildschweine zu lassen.


Übungs- oder Prüfungsfährten sollten nur mit negativ- getestetem Schweiß hergestellt werden.



Aus Sicht der Veterinärmedizin kann nur empfohlen werden, diese Regeln strengst möglich einzuhalten, den Kontakt von Jagdhund und Wildschwein auf das nötigste zu beschränken und damit die weitere Ausbreitung des Morbus AUJESZKYS weiterhin wirksam einzudämmen.


Staupe



Die Infektionskrankheit Staupe wird durch das Canine Distemper-Virus ausgelöst und befällt neben unseren Jagdhunden auch alle wilden Carnivoren, insbesondere den Waschbären und Frettchen. Die Infektion erfolgt dabei über den Nasen-Rachenraum. Der nachfolgende Verlauf ist im Allgemeinen stark abhängig von der Immunantwort des betroffenen Patienten: Entweder wird die erfolgte Infektion immunologisch erfolgreich bekämpft, und es findet keine Erkrankung statt oder die Staupe führt zunächst zu Symptomen im Bereich der oberen Atemwege.


Von dort aus befällt der virale Partikel die empfindlichen Lymphknoten des Brustraums, vermehrt sich dort und gelangt über das Blut in den gesamten Körper (wir sprechen in der Medizin dann von einer Virämie).

Nach 5-6 Tagen befindet sich das Virus dann in allen Lymphknoten des Hundekörpers, befällt die Schleimhäute des Magen-Darm-Trakts und erreicht schließlich das ZNS. Je nachdem welches Gewebe vom Virus angegriffen wird, kommt es zu mehr oder weniger typischen Symptomen der Staupe wie Husten, Nasenausfluss, Durchfall und Erbrechen oder neurologischen Symptomen. Auch die Haut und die Zähne können befallen werden, was sich als sogenannte Hartballenkrankheit (Hard pad disease) und durch Zahnschmelzdefekte als Staupe- Gebiss zeigt. Virusreservoir sind chronisch infizierte, symptomlose Hunde, die die Viren über alle Sekrete und Exkremente ausscheiden.



Eine klinische Versorgung eines an Staupe erkrankten Hundes verläuft vorwiegend symptomatisch. Da sich auch die Infektionskrankheit Staupe als lebensbedrohlich erweisen kann, sollten wir alle unsere Hunde durch den sehr verträglichen Impfstoff regelmäßig schützen lassen.


Hepatitis contagiosa canis, H.c.c.


Die Infektiöse Leberentzündung der Hunde wird hervorgerufen durch das Canine Adenovirus 1 (CAV-1).

Infizierte Hunde scheiden die Viren mit dem Kot, mit dem Urin und dem Speichel aus und können so allein durch Kontakt andere Hunde anstecken. Die Viren vermehren sich in der Innenauskleidung der Blutgefäße und wandern über dieselben in die Organsysteme Niere und Leber ein. Werden Welpen von dem Caninen Adenovirus 1 befallen, so verläuft die Erkrankung meist sehr schwer mit einer hohen Sterblichkeitsrate.

Wir sprechen in der Tiermedizin in einem solchen Falle von einem infausten Verlauf: Die Welpen leiden unter hohem Fieber, verbunden mit Nasen- und Augenausfluss, üblicherweise können hinzukommen Durchfall und Erbrechen.

Da die Leber in Mitleidenschaft gezogen wird, kann es zu gelblich verfärbten Schleimhäuten kommen („Gelbsucht“). In der Medizin ist dann die Rede von einem sogenannten Ikterus. Da die Viren, wie oben besprochen, die Innenauskleidung der Gefäße befallen, leiden einige betroffene Patientinnen und Patienten an unter Umständen lebensbedrohlichen spontanen Blutungen.

Bei erwachsenen Hunden hingegen fallen die Symptome eher mild aus oder können klinisch weitestgehend unauffällig sein. Durch regelmäßiges und flächendeckendes Impfen kommt diese Erkrankung in den deutschsprachigen Ländern nur noch selten vor.

Unter den Wildtieren kann auch der Fuchs als Hundeartiger eine Ansteckung mit dem Caninen Adenovirus 1 erleiden und regelmäßig schwer daran erkranken. Es stehen bei dieser Spezies dann allerdings vor allem neurologische Symptome im Vordergrund der klinischen Symptomatik.


Zwingerhusten- Komplex


Der Zwingerhusten- Komplex wird durch verschiedene Krankheitserreger, wie z.B. Reoviren und das Parainfluenza-2-Virus ausgelöst und stellt unter Mitwirkung auch bakterieller Erreger medizinisch eine klassische Mischinfektion und Multifaktorenerkrankung dar.

Der Verlauf erweist sich als akute und ansteckende Infektion des Atmungsapparates des Hundes.

Betroffenen Patientinnen und Patienten erkranken zunächst im Bereich der oberen Atemwege, wobei die viralen Erreger gewissermaßen die Vorhut der Erkrankung darstellen und bakterielle Sekundärerreger sich dann in der Folge zusätzlich ansiedeln. Erst in der Gemeinschaft der viralen und bakteriellen Schadwirkungen entsteht die eigentliche Erkrankung Zwingerhusten- Komplex.

Die Krankheit bricht überwiegend in großen Zwingern, Tierheimen oder Kliniken aus, entscheidend ist dabei jeweils die Gruppenbildung unter Hunden und die damit verbundene hohe Ansteckungswahrscheinlichkeit, die dann in der Folge den Ausbruch der Erkrankung bewirkt.

Betroffene Hunde leiden unter Nasenausfluss und Husten, verschiedenen Symptomen im Bereich der oberen Atemwege – im Rahmen einer Komplikation ist aber auch die Entzündung des empfindlichen Lungengewebes zu erwarten. Oft fällt der Besitzerin/ dem Besitzer ein anfallsartiger Husten mit Würgen auf.

Die Behandlung richtet sich nach den Symptomen und bekämpft insbesondere die Folgen der bakteriellen Sekundärinfektion.

Eine Impfung wird nur bei besonderem Risiko empfohlen. 


Parvovirose


Die Canine Parvovirose ist eine weltweit verbreitete Virusinfektion der Hunde.

Da sie insbesondere zu schweren Verläufen und Verlusten bei Welpen führen kann, handelt es sich hier um eine außerordentlich gefürchtete Erkrankung unter uns Hundeführerinnen und Hundeführern/ Hundezüchterinnen und Hundezüchtern. Die Virusaufnahme erfolgt durch oralen Kontakt mit Kot infizierter Tiere.

Anschließend befallen die Viren Epithelgewebe, in denen eine schnelle Teilung üblich ist. Das sind vor allem das Darmepithel, die Knochenmarkstammzellen und das Herzmuskelgewebe des Fötus. So sichert das Parvovirus seine eigene Vermehrung wirkungsvoll.

Bei der akuten Form der Parvovirose kommt es zu massiven Beschwerden des Magen-Darm-Trakts mit blutigen Durchfällen, sich anschließender Austrocknung und schließlich zum Tod der jungen Hunde.

Niedere Symptome mit trotzdem anhaltenden Durchfällen finden sich bei der subakuten Form der Parvovirose.


Im Rahmen der Herzmuskelform dieser Infektionskrankheit fallen Hundewelpen durch Luftnot und lautem Schreien auf, bevor sie versterben. Bei anderen Betroffenen können plötzliche Todesfälle ohne weiteres klinisches Anzeichen beobachtet werden.


Für alle sich mit Hunden beschäftigenden Institutionen stellt sich die Parvovirose als eine echte Herausforderung dar: das Virus gehört zu den stabilsten infektiösen Partikeln, die wir in der modernen Tiermedizin kennen, verbleibt in der Haltungsumgebung unter Umständen mehr als ein Jahr ansteckend und widersetzt sich sogar der Einwirkung vieler Desinfektionsmittel, besonderer Temperaturen oder ultravioletter Strahlung.

Wir können verstehen, dass im Hinblick aller dieser Besonderheiten eine Impfung gegen die Parvovirose wirklich sehr wichtig ist. 


Leptospirose


Die Leptospirose ist eine bakteriell bedingte Erkrankung unserer Jagdhunde.


Sie wird ausgelöst durch das Bakterium Leptospira canicula. Im 19. Jahrhundert erfolgte eine Erstbeschreibung dieser Infektion in der Hauptstadt Baden-Württembergs – so wird die Leptospirose auch als Stuttgarter Hundeseuche bezeichnet. Die wichtigsten Reservoirwirte der Leptospiren sind die Kleinsäuger Mäuse und Ratten aber auch große Pflanzenfresser wie das Rind und alle Schweinearten.

Leptospiren besiedeln spezielle Areale der Patientenniere, hier finden sie Schutz vor dem Abwehrsystem des Hundeorganismus und lassen sich in der Folge mit dem Harn in die Haltungsumgebung ausscheiden.

Die Infektion erfolgt über ein aktives Eindringen der Leptospiren über kleinste Verletzungen der Schleimhäute (Genitaltrakt, Auge) oder der Haut. Betroffene Hunde zeigen schwere Allgemeinsymptome wie Durchfall und Erbrechen, aber auch schwerer Nierenentzündungen bis hin zu Beteiligungen der ZNS- Organe Gehirn und Rückenmark.


Bei trächtigen Hündinnen kann es zu Aborten kommen, wenn die Bakterien über den Blutkreislauf die Gebärmutter erreichen. Infizierte Hunde stecken in der Regel andere Hunde nicht direkt an, da der saure Harn pH erkrankter Tiere Leptospiren abzutöten vermag.


Als bakterielle Infektionskrankheit lässt sich die Leptospirose klinisch-medizinisch durch die Verabreichung einer passenden Antibiose behandeln. Gerade bei unseren Jagdgebrauchshunden kann und sollte gegen die Leptospirose konsequent geimpft werden:

In den letzten Jahren können wir mit einem neuartigen, auf den Markt gekommenen Impfstoff in der Zwischenzeit gegen jetzt schon 4 verschiedene Leptospirose-Subtypen („Serovare“) wirksamen Schutz gewähren.


Lange Zeit zuvor bot der bis dahin herkömmliche Impfstoff einen Schutz nur gegen 2 Serovare und ist damit heute zu vernachlässigen. 

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