Nicht Erblich

Nicht erbliche Welpenerkrankungen

Verfasser dieser Artikel - 
 Dr.med.vet. Max Diekstall

Mangelernährung und Flüssigkeitsmangel (Dehydratation)
Leider finden sich auch unter den nicht- infektionsbedingten Krankheitsursachen in der alltäglichen Praxis immer wieder dramatisch wirkende Krankheitsbilder: 

Im einfachsten Fall können sowohl ein ungenügendes Geburtsgewicht durch prä- und postnatale Mangelernährung und damit häufig in Verbindung stehende Flüssigkeitsdefizite Ursachen für Welpenerkrankungen sein. 
  
Bei nicht sofortiger Reaktion und Möglichkeiten zur Reaktion bestünde auch in diesem einfachen Zusammenhang Grund für Welpensterblichkeiten. Angesprochene ernährungsbedingte Defizite ziehen als direkte Konsequenz opportunistische Krankheitserscheinungen nach sich, von denen ophthalmologische (die Augen betreffend) und Verdauungswege- assoziierte Erkrankungen nur einige sind. 

Gerstenkorn
Unter anderem durch Mangelernährung und Dehydratation geschwächte Jungtiere erkranken frühzeitig an Bindehautentzündungen, Hordeolum bzw. Chalazion („Gerstenkorn“). 

Das Gerstenkorn stellt dabei eine meist langsam entstehende Entzündung der Meibom-Drüsenreihen am Rand des Augenlids dar. Die betroffenen Jungtiere können im Rahmen dieser Symptome in der Regel der Fälle aus medizinischer Sicht einfach behandelt und daher gerettet werden.

Neonatalen Atemsyndrom 
Die Versorgung des lebenden Säugetierorganismus mit dem Atemgas Sauerstoff gehört zu den grundlegendsten Bedürfnissen für eine gesunde Entwicklung. 

Umstände, die zu einer Sauerstoffunterversorgung führen und damit hypoxische Zustände verursachen, dürfen damit zu den signifikant bedrohlicheren Szenarien gerechnet werden. 

In diesem Zusammenhang spricht die Medizin von dem sogenannten Neonatalen Atemsyndrom. Die Gründe dafür sind entweder vor der Geburt (ante partum) zu finden, wobei zumeist eine verminderte Lungenreife der Welpen durch eine Verkürzung der Trächtigkeitsdauer verantwortlich ist. 

Aber auch während der Geburt (intra partum) können gewisse Umstände zu einem mit Sauerstoff unterversorgten Welpen führen: 

Hierzu zählen eine verminderte plazentare Durchblutung (und in der Konsequenz eine Unterversorgung der Welpen mit Sauerstoff) durch Ablösung der Plazenta verursacht durch Starkwehen oder einer Torsio uteri, eine Verlängerung der Austreibungsphase durch wiederholte Störungen der Geburt oder Wehenschwäche des Muttertiers, die Dämpfung des fetalen Atemzentrums durch Sedation / Anästhesie der Mutter (Kaiserschnitt!) oder die Aspiration von Fruchtwasser. 

Aber auch kurz nach der Geburt (post partum) können mechanische Verlegungen der Atemwege (z. B. durch Eihäute) zu einer Sauerstoffunterversorgung und damit dem Neonatalen Atemsyndrom führen. Hypoxische Zustände der Welpen stellen eine der häufigsten Todesursache innerhalb der ersten 48 Lebensstunden dar. 

Wird der neugeborene Organismus mangelhaft mit Sauerstoff versorgt, stellen sich schnell andere, weitere Komplikationen, wie z. B. das Hypothermie-Hypoglykämie-Syndrom ein. 

Auch die Anfälligkeit für Infektionen steigt dadurch maßgeblich. 

Die Symptome des Neonatalen Atemsyndroms sind eine nicht einsetzende bzw. unregelmäßige Atmung, Apathie und das mütterliche Gesäuge nicht aufsuchende Welpen.

Hypothermie-Hypoglykaemie-Syndrom 
Das bereits in einem anderen Zusammenhang erwähnte Hypothermie-Hypoglykaemie-Syndrom beschreibt Welpen, die mit einer signifikant zu niedrigen Körpertemperatur zur Welt kommen. 

Betroffene Jungtiere vergesellschaften leider erfahrungsgemäß das hypothermische Symptom mit der Tendenz zu einer hypoglykaemischen Stoffwechsellage und leiden damit fulminant unter einer energetischen Unterversorgung. 

Diese Jungtiere drohen jetzt nicht nur die erste Lebenszeit nicht überstehen zu können, sondern auch z.T. gravierende Entwicklungsdefizite auszubilden. In diesem Zusammenhang steigt das Risiko für Sekundärinfektionen erheblich. So wissen wir, dass sich das Canine Herpesvirus bei unter 37 °C Körpertemperatur massiv replizieren kann und somit zum Tode führen kann. 
Ante partum können diese Zusammenhänge durch eine Verkürzung der Trächtigkeitsdauer oder einer Mangelernährung der Mutterhündin verursacht werden. 

Liegt aus verschiedenen Gründen eine Schwergeburt vor, so kann es durch den verstärkten Energieverbrauch während des Geburtszeitraumes ebenfalls zu einer energetischen Unterversorgung der Welpen kommen. 

Es ist daher entscheidend für die Züchterin / den Züchter zu wissen, dass eine Umgebungstemperatur unter 30 °C, nicht trocken geriebene Welpen oder ein nasskalter Untergrund einen ebenso hohen Energieaufwand für die Neugeborenen bedeutet, um in dieser indifferenten Umgebung die eigene Körpertemperatur aufrecht zu halten. 

Sind die Energiedepots dann aufgebraucht, fallen die Welpen in die gefürchtete Hypothermie. Die betroffenen Welpen zeigen eine erhöhte Bewegungsaktivität als Ausdruck ihres Unwohlseins und der erhöhten Appetitlage. 
Im Zusammenhang mit dieser erhöhten Bewegungsaktivität nimmt durch den Verbrauch lebenswichtiger Energien ein medizinischer Teufelskreis seinen Lauf. Die Welpen haben eine kühle Körperoberfläche und werden von der Mutterhündin häufig aussortiert. 

Durch eine gelungene Prophylaxe - es muss für optimale Haltungsbedingungen der Mutterhündin und ausreichende Laktation gesorgt werden – kann viel Welpenleid vermieden werden. 

Nicht nur kurzfristig und damit im Zusammenhang einer Notfallbehandlung, auch auf längere Sicht, weiß die moderne Veterinärmedizin, dass insbesondere die Ausbildung der Bindegewebsorgane des Bewegungsapparates innerhalb des schnellen ersten Wachstums große Ansprüche an die systemische Energieversorgung des noch jungen Organismus stellt. 

Schwimmersyndrom/ Flat-Puppy-Syndrom
Energetisch unterversorgte und anderweitig beschädigte Jungtiere bilden zum Teil schwerwiegende Malformationen wie das Swimmer-Puppy-Syndrom („Schwimmersyndrom“) und die Craniomandibuläre Osteopathie („Rubber Jaw“) vor. 

Leider lassen sich solche in den ersten wichtigsten Entwicklungstagen des Welpen vorgekommenen Störphänomene durch den weiteren Wachstumsprozess in der Folge nicht oder nur noch sehr insuffizient kompensieren. 

Das Swimmer-Puppy-Syndrom äußert sich bei den Welpen zwischen dem 10. und 14. Lebenstag, wobei die Welpen ihre Gliedmaßen nicht unter den Körper führen können und die daraus resultierenden Ruderbewegungen der Gliedmaßen dabei an das Bild eines Schwimmers erinnern.
 
Es können sowohl die Vorder- als auch die Hintergliedmaßen betroffen sein. Die exakten Ursachen dieser Erkrankung sind uns noch nicht vollständig bekannt. 

Die Veterinärmedizin verdächtigt einen biosynthetischen Mangel der Kollagenfaserbildung (Bindegewebe). Zudem kommt eine angeborene Lähmung aller 4 Gliedmaßen vor, die einen erbgenetischen Hintergrund aufweist und ein zum Swimmer-Puppy-Syndrom vergleichbares Welpen-Bild ergibt. 

Aufgrund der frequenten Bauchlage flacht der Brustkorb durch druckatrophische Prozesse ab, was dieser Erkrankung den Namen Flat-Puppy-Syndrom eingebracht hat.

Fading-Puppy-Syndrom 
Beim Fading-Puppy-Syndrom unterlaufen zunächst gesunde Welpen einem zunehmenden Vitalitätsverlust ohne klare Ursachen. 

Der Tod der Welpen tritt innerhalb der ersten 14 Lebenstage ein. 

Eine ganze Reihe von Pathologien wie angeborene Stoffwechselstörungen, Traumata und Infektionen mit daraus resultierenden Septikämien (Blutvergiftung) lassen die Welpen erkranken und letztendlich an Multi-Organ-Versagen versterben.  

Hypogammaglobulinaemie
Verschiedene Arten innerhalb der Klasse der Säugetiere haben Besonderheiten im Aufbau ihrer Plazenta. 

Die Plazenta stellt die Verbindung des Mutterorganismus mit dem Fetus dar. Über die Plazenta findet die Versorgung der Welpen mit Nährstoffen statt. Je nach Aufbau des plazentaren Gewebes passieren Antikörper des mütterlichen Organismus, sog. Gammaglobuline, die Plazentar-Schranke und gelangen so in den Blutkreislauf der Feten. 

Die physiologische Versorgung mit Gammaglobulinen ermöglicht den neugeborenen Hunden den Schutz vor Umweltkeimen, obwohl sich das eigene Immunsystem niemals zuvor mit der entsprechenden Keimflora auseinandersetzen konnte. Findet dieser Austausch über die Plazenta nicht statt, hat die Natur einen anderen Weg des Antikörperaustauschs etabliert: die Aufnahme von Kolostrum. 

Als Kolostrum (Biestmilch) wird das erste Muttermilchvolumen bezeichnet. Dieses enthält die Antikörper der Mutter (maternale Antikörper).

Die Welpen erhalten dadurch einen Schutz gegenüber den wichtigsten Keimen ihrer Haltungsumgebung bis sich ihr Immunsystem selbst schützen kann. Jede mangelhafte oder verspätete Aufnahme von Kolostrum, und damit von mütterlichen Antikörpern, setzt die Welpen einer erhöhten Gefahr aus, sich direkt nach der Geburt mit entsprechenden Erregern zu infizieren. 

Die häufigsten Ursachen für eine verminderte Aufnahme ist eine zu hohe Welpenzahl bei nicht ausreichendem Milchvolumen, die verspätete Aufnahme von Kolostrum der zuletzt geborenen Welpen, Schwergeburten, Tod der Mutterhündin, Agalaktie oder Trinkschwäche der Welpen aus verschiedenen Gründen. Es ist für die Züchterin / den Züchter also von großer Bedeutung darauf zu achten, dass jeder Welpe genug Kolostrum aufnimmt. 

Es ist auf optimale Haltungsbedingungen achten und kleinere, schwächere Welpen sind an die mütterlichen Zitzen zu setzen.

Selbstverständlich ist auch hier auf einen ausreichenden Impfschutz der Mutterhündin achtzugeben. 

Auch das Immunsystem der Mutterhündin muss sich mit den Erregern der Umwelt auseinandersetzen, um eine ausreichende Zahl an Antikörpern zu bilden. In diesem Zusammenhang ist dringend davon abzuraten, die Hündin innerhalb der letzten 3 Trächtigkeits- Wochen einem Ortswechsel zu unterziehen. 

Werden mehrere Würfe geplant, ist das Einfrieren eines definierten Kolostrum- Volumens (2 ml Portionen bei – 20 °C) sinnvoll. 
So kann im Falle von Wurfproblemen zuvor eingelagertes Kolostrum aufgetaut werden, wobei darauf zu achten ist, dass nur bis zur Temperaturgrenze von 38 °C aufgetaut werden darf, darüber hinaus käme es zur Denaturierung derjenigen Proteine, welche die Antikörper darstellen. 

Aspirationspneumonie
Kurz nach der Geburt kann es bei den Welpen zu einer Aspirationspneumonie kommen, sollte Fruchtwasser, Mekonium oder Milch durch Verschlucken in die Lungen gelangen. 

Es kann daraufhin zu einer Lungenentzündung durch bakterielle Sekundärinfektionen kommen, welche zu schweren Entwicklungsstörungen führen können. Um dies zu vermeiden sollte von Zwangstränken der Welpen abgesehen werden. 

Milch und Milchaustauscher können nur bei ungestörtem Saug- und Schluckreflex gegeben werden. Auch zu gieriges Trinken erhöht die Gefahr der Aspiration, deswegen muss bei mutterloser Aufzucht auf kurze Intervalle zwischen dem Tränken geachtet werden. 

Toxisches Milchsyndrom 
Das Toxische Milchsyndrom kommt bei Verdauungsstörungen der Welpen durch Gift-Aufnahme mit der Muttermilch vor. 

Nach der Geburt muss sich das Gebärmuttergewebe, welches die Feten über die Tragzeit beherbergt und ernährt, zurückbilden. 

Treten dabei Störungen auf, so können sich giftige Stoffwechselprodukte bilden, welche ins Blut der Hündin übergehen. Werden diese Toxine mit der Muttermilch ausgeschieden, erreichen sie ebenso die Welpen und führen zu Störungen der Darmmotilität zwischen dem 3. und 14. Lebenstag. Die Welpen leiden unter deutlich sichtbaren geblähten Bäuchen und teilweise unter Durchfall. 

Die Analöffnung ist gerötet und ödematisiert. Zumeist ist der gesamte Wurf betroffen. Die betroffenen Welpen bleiben in ihrer Entwicklung stark zurück. 

Der gesamte Wurf verhält sich aufgrund von Schmerzen und Hunger nervös und laut.  

Neonataler Ikterus (Gelbsucht der Welpen)
Eine bei den Caniden seltene und dennoch nennenswerte Erkrankung der Neugeborenen ist der neonatale Ikterus, also die Gelbsucht der Welpen. 

Als auffälliges Symptom findet sich die Gelbverfärbung aller Schleimhäute. Bilirubin, ein Abbauprodukt der roten Blutkörperchen, setzt sich ab einer gewissen, nicht- physiologischen Konzentration, dort ab. 

Damit es also zu einem Ikterus kommt, muss im Körper des Welpen zuvor ein vermehrter Abbau von roten Blutzellen stattfinden. 
Dies kommt dann vor, wenn mütterliche Antikörper durch das Kolostrum aufgenommen werden, die dann fälschlicherweise die Erythrozyten der Welpen angreifen. 

Nach Aufnahme der ersten Milchmenge kommt es im Zusammenhang mit dieser Erkrankung zu Mattigkeit und dem Hypothermie-Hypoglykaemie-Syndrom. 

Haemorrhagisches Syndrom 
Das Haemorrhagische Syndrom stellt eine der seltenen Erkrankung der Hundewelpen dar, die sich klinisch in einer Blutgerinnungsstörung zeigt. 
Innerhalb der ersten 4 Lebenstage können dabei Einzeltiere oder der gesamte Wurf erkranken. Diesem Krankheitsphänomen liegt ein klinisch manifester Vitamin K- Mangel zugrunde, der entweder durch eine Minderversorgung der Mutterhündin oder eine gestörte, intestinale Vitamin K- Absorption des Welpen verursacht wurde. 

Die Neugeborenen fallen durch Stecknadelkopf kleine Blutungen auf den Schleimhäuten, den sogenannten Petechien, auf. 

In schwereren Fällen können dem Urin des Welpen blutige Beimischungen zugesetzt sein. 
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